Eingebettet in die Auenlandschaft der Mittelelbe erschließt sich ein riesiges Gartenreich in Sachsen- Anhalt. Dessau-Wörlitz wartet mit sechs bezaubernden Schlössern und vielen prachtvollen Parks auf. Wer diese dichte Kulturlandschaft besucht, sollte mindestens einen Tag, besser noch ein Wochenende einplanen, und beginnt am besten mit Wörlitz.
Passiert man das Tor des sogenannten Eichenkranzes, ein ehemaliges Gasthaus in dem literarische und politische Größen vieler Länder einst nächtigten, offenbart sich ein mystischer Sehnsuchtsort, das Gartenreich Wörlitz. Hier eine elegante Baumgruppe, glitzernde Teiche, das klassizistische Schloss, dort eine grazile Venus, ein antiker Tempel und der weite Blick in die Ferne mit einem Turm am Horizont.
Schöpfer des heutigen Unesco Weltkulturerbes ist Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau. Seine humanen Regierungsentscheidungen, seine Armen- und Altersfürsorge und ein weit gefächertes soziales Reformwerk brachten dem beliebten Fürst Franz in der Bevölkerung den Namen „Vater Franz“ ein. Er brach mit Traditionen, verweigerte sich einer Militärlaufbahn und verwirklichte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts seinen Traum ganz im Sinne der Aufklärung: Bildung, Humanismus und pädagogisches Wirken zum Wohle aller Menschen. An seiner Seite stand sein Freund, Architekt und Berater, Wilhelm von Erdmannsdorf.
Vermächtnis des Fürsten Franz und seiner Luise
Wer auf rasche Besichtigung aus ist, ist fehl am Platz. In Wörlitz geht es um eine sinnliche Erfahrung aller Natur- und Kunstschätze. Ein Rundgang durch den Park führt über Wege, Deiche, Fähren und Brücken. Noch romantischer ist eine Gondelfahrt in den grünen Kanälen des Parks. Sehenswert ist das Schloss Wörlitz, ein Gründungsbau des deutschen Klassizismus. Es birgt original erhaltene Möbel, Tapisserien, Stuckdecken, Vasen und Figuren. Markant ist auch das Gotische Haus, das der Fürst für Mußestunden mit seiner Geliebten, der Gärtnerstochter Luise Schoch, erbauen ließ. Seine Gattin und Cousine Henriette Wilhelmine Luise errichtete sich ihr eigenes Refugium, das Luisium. Das kleine Schlösschen und der Park Luisium liegen etwa halbe Autostunde entfernt von Wörlitz.
Wohnen wie die Fürsten und ihre Gärtner
Die zwei wichtigsten Gärtner an der Seite des Landesfürsten sind Georg Schoch, ein Teil des Wörlitzer Parks ist nach ihm benannt, und Franz Eyserbeck Eyserbeck Haus. Sein Gärtnerhaus und andere kleinere, historische Gebäude werden heute vermietet. Die beiden großzügigen und hübsch renovierten Gärtnerwohnungen liegen mitten im idyllischen Luisium, gleich ums Eck kann in der Orangerie gespeist werden.
Geheime Juwele im Gartenreich: Oranienbaum und Mosigkau
Oranienbaum ist ein auf geometrischem Grundriss errichtetes Ensemble aus Stadt, Schloss und Park und zudem ein in Deutschland seltenes Beispiel für eine weitgehend niederländisch geprägte Barockanlage. Das Schloss wird derzeit noch renoviert. Gleich vor der großen Orangerie befindet sich ein kurioser Holzturm, an dem eine Kette hängt. Früher diente er zum Umtopfen der Orangenbäume und sonstiger großer Pflanzen. Mosigkau, in der Nähe von Dessau gelegen, ist ein entzückendes Rokkoko-Ensemble, das früher die Sommerresidenz der Prinzessin Anna Wilhelmine von Anhalt-Dessau war. Im Galeriensaal, mit Blick auf den Garten, hängen dicht nebeneinander unglaubliche Kostbarkeiten, darunter von van Dyck, Rubens und Brueghel.
Das 142 Quadratkilometer große Gartenreich Dessau-Wörlitz feiert heuer sein 250jähriges Jubiläum. Orte wie diese verzaubern auf eine ganz besondere Weise. Leise, großzügig und stimmungsvoll lockt eine Symbiose aus Kultur und Natur die Besucher an und verleitet nach und nach, ganz langsam, immer mehr davon entdecken zu wollen.